Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 06.10.2021 (Az. XI ZR 234/20) in einer von der Verbraucherzentrale Sachsen geführten Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Leipzig entschieden, dass die Klausel zur variablen Verzinsung der Spareinlage in einem Prämienvertrag unwirksam ist.
Vor allem Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken boten ihren ihren Kunden in den 1990er- und 2000er-Jahren langfristige Prämiensparverträge mit unterschiedlichen Namen wie z.B. „S-Prämiensparen flexibel“, „Bonusplan“ oder „VorsorgePlus“ an, die sich durch variable Zinsanpassungsklauseln mit jährlich steigende Prämien auszeichneten. Die Zinsanpassungklauseln machten es den Banken und Sparkassen möglich, die Verzinsung einseitig anzupassen, was dazu führte, dass sie die Zinssätze über die Jahre zu Lasten ihrer Kunden zum Teil erheblich absernkten. Zudem wurden in den letzzen Jahren derartige Prämiensparverträge durch die Geldinstitute oftmals gekündigt, weil sie für die Banken und Sparkassen infolge der Niedrigzinsphase unrentabel wurden.
Mit seinem aktuellen Urteil zur Unzulässigkeit von Zinsänderungsklauseln bei Prämiensparverträgen hat der BGH nunmehr die Rechte der Kunden ganz erheblich gestärkt. So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der zugrunde liegende Referenzzinssatz im monatlichen Rhythmus zu berechnen und dabei der sog. relative Abstand zwischen Vertragszinssatz und Referenzzinssatz zugrunde zu legen sei. Schließlich hat der Bundesgerichtshof bestätigt, dass die Verjährungsfrist für die Forderung nicht gutgeschriebener Zinsbeträge erst ab dem Zeitpunkt der Vertragsbeendigung beginnt.
Auch wenn die Entscheidung nur zu einer bestimmten Klausel ergangen ist, hat sie weitreichende Bedeutung für Inhaber von Prämiensparverträgfen anderer Geldinstitute. Zum einen dürfte nunmehr feststehen, dass Zinsklauseln in Prämiensparverträgen, soweit sie lediglich einen aktuellen variablen Zinssatz nennen, unwirksam sind. Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof nunmehr ausdrücklich bestätigt, dass die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung vorzunehmende Verzinsung entgegen der Ansicht der Sparkassen auf Grundlage des sog. „anfänglichen relativen Abstands“ zwischen Vertrags- und Referenzzinssatz vorzunehmen ist. Nur auf diese Weise ist sichergestellt, dass der Vertragszins auch in Niedrigzinsphasen nicht ins Negative sinkt. Im Ergebnis dürfte betroffenen Kunden also aufgrund der unzulässigen Klausel und der unzulässigen Verzinsungsmethode ein Anspruch auf Neuberechnung der Zinsen bestehen, der zu erheblichen Nachzahlungsansprüchen von oftmals mehreren tausend Euro führt.
Sparkassen reagieren auf das aktuelle Urteil, indem sie betroffenen Kunden einen Abgeltungsvergleich anbieten. Oftmals bleiben diese Angebote aber weit hinter den tatsächlichen Ansprüchen zurück. Betroffene Kunden sollten daher vor Abschluss eines solchen Vergleichs Ihre Rechte und die Höhe der Ansprüche prüfen lassen. Hierzu stehen Ihnen MÜLLER SEIDEL VOS Rechtsanwälte mit ihrer Expertise gerne zur Verfügung.
Sollten auch Sie Fragen zu Prämiensparverträgen haben oder selbst betroffen sein, sprechen Sie uns gerne kostenlos und unverbindlich an!
MÜLLER SEIDEL VOS Rechtsanwälte ist eine auf das Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Kanzlei und wird in dem renommierten JUVE Handbuch 2017/2018, 2018/2019 und 2019/2020 in der Rubrik Konfliktlösung – Dispute Resolution, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten besonders empfohlen für den Bereich Kapitalanlageprozesse (Anleger).